Wolfgang Rossbauer | Architekt
Klassizistische Schulanlage Ilgen, Zürich-Hottingen, Schweiz.

 

Ein urbanes Schulzentrum.

Fakten: Instandsetzung denkmalgeschützte Schulhäuser Ilgen A + B und Turnhalle. Neubau Garderobentrakt | Auftrag nach Präqualifikation, Wettbewerb Hort (1. Rang) | 2009 | Ausführung Bauten bis 2012 | Ausführung Umgebung bis 2015 | Bausumme total 26,5 Mio CHF | Bauvolumen total: 29’800 m3 | Schulareal 1,75ha.

Architektur: Wolfgang Rossbauer Architekt mit Susanne Triller | Mitarbeit: Aline Vuilliomenet, Laurens Bekemans, Christian Zöhrer, Christoph Küng, Maria Sanchez Payo, Sarah Bosen | Caretta & Gitz Baumanagement AG | ma.vo. Landschaftsarchitektur | Statik Beton & Haustechnik Basler & Hofmann AG | Statik Holzbau timbatec gmbh | Bauphysik Amstein & Walthert AG | Elektro Schmidiger & Rosasco AG | Sanitär Hunziker & Urban AG | u.a. | Bauherrschaft: Amt für Hochbauten der Stadt Zürich (für die Immobilien-Bewirtschaftung Zürich).

Strukturform versus Ausdrucksform.

Die beiden prachtvollen Schulhäuser sind typologisch gesehen solitäre Walmdachbauten, die der spätklassizistisch geprägten Neurenaissance der Semperschule entspringen. Sie wurden 1877 (Ilgen A und Turnhalle) von Otto Wolff, bzw. 1889 (Ilgen B) von Ernst Diener erstellt. Die Bauten stellen den bürgerlichen Bildungsanspruch der Hottinger Schulgemeinde im bewussten Rückgriff auf die Antike zur Schau. In den letzten Jahrzehnten wurde die Anlage immer wieder um- und angebaut. So kamen in den 40er Jahren hölzerne Pausendächer („Landi-Stil”) hinzu, in den 60er Jahren wurden die Innenräume - leider - komplett neu ausgestattet. Die Fassade der mittig zwischen den Schulbauten eingefügten Turnhalle wurde komplett zerstört.

Im Zuge der energetischen Sanierung werden grosse Teile der Innenräume “rekonstruktiv” wiederhergestellt: Stukkaturen werden freigelegt und ergänzt, Eichenparkettböden werden vom Linoleum der 60er Jahre befreit. Neue Holztäferungen in den Klassenzimmern sollen die Räume strukturieren und ihnen einen Horizont zurückgeben. Sämtliche Metallarbeiten (Treppengeländer, Garderoben, Fenstergitter) wurden in Verwandtschaft zum historischen Bestand komplett neu gestaltet.

Im architektonischen Ausdruck der Bauwerke findet sich das klassische Thema von Stilhülse und Kern wieder: Kein Material ist roh belassen, um sich selbst zu inszenieren. Vielmehr sucht eine Fülle von Texturen, Anstrichen, Verkleidungen und Verblendungen einen weit feineren, filigraneren Ausdruck, als es die blanke Proportion des strukturellen Kerns zulässt. Fenster sind eingekantet und dunkel gestrichen, um gleich einem drahtigen Gerippe in der Fassade zu verschwinden. Dachrinnen sind hinter einer Simarinne versteckt, um als logische strukturelle Fortsetzung eines leicht wirken-den Dachabschlusses gelesen zu werden. Eine Vielzahl von Farbkleidern und dünn gefassten Holzvertäfelungen im Inneren versucht, das äussere tektonische Spiel von Leicht & Schwer fortzusetzen.

Die Turnhalle: Kleinster Bau, grösster Massstab.

Im Zentrum der symmetrischen Anlage steht die Turnhalle, die hangseitig mit einem einfachen Garderobentrakt ergänzt wird. Die ehemals klassisch strukturierte Putzfassade wurde in den 60er Jahren komplett zerstört, die Fenster wurden zum Boden hin erweitert.

Mit einem neuen Putzrelief wird das “Schmuckkästchen” wieder gefasst und in die symmetrische Ordnung des Ensembles eingepasst. Durch eine vorsichtige Verkröpfung im Sockelbereich erhält das Gebäude Standfestigkeit. Die erhöhten Fenster nehmen dem Bau die - im Vergleich zu den Schulhäusern - klare Geschossigkeit. Es entsteht ein Übermassstab am eigentlich kleinsten Bauwerk der Anlage.

Das wieder eingefügte Portal erstreckt sich nun über die volle Gebäudehöhe. Es verleiht dem Hallenbau einen prachtvollen, fast monumentalen Ausdruck und eine städtebaulich bedeutungsvolle Kraft.