Wolfgang Rossbauer | Architekt
Neubau Simba Vision Montessori School, Arusha/Tansania.

 

Energie = Pädagogik.

Fakten: Neubau Montessorischule in Ngabombo Village, Region Mount Meru, Arusha, Nord-Tansania | Wettbewerb nach Präqualifikation | 1. Rang | 2019 | Ausführung 1.Etappe bis 2022 | Raum für 8 Klassenzimmer mit 16 Rückzugnischen für Unterricht und Wohnen, sowie für Lernbereiche im Aussenraum | Geschossfläche 1. Etappe Primary School: 1'020 m2.

Architektur: APC + WR | Architectural Pioneering Consultants: Gunter Klix, Annika Seifert, Dark Gummich, Comfort Mosha, Lucas Sager | Wolfgang Rossbauer Architekt GmbH | Zusammenarbeit mit Udo Thönnissen und Lorenz Eugster | Mitarbeit: Ingrid Rasmussen (Projektleitung), Petrina Salema, Doreen Fred, Mariam Abbas | Bauingenieur: GMP consulting engineers, Mike Leach | Bauherrschaft: Arthur Waser Foundation, Luzern | Nutzer und Betreiber: Africa Amini Alama und Tanzania Ministry of Education, Dr. Cornelia Wallner-Frisee

Hin zur Sonne, weg von der Sonne: ein Haus mit Klimazonen

Die neu geplanten Bauwerke des Montessori-Campus Arusha sind aufgrund Zugangssituation und Ordnung bestehender Bauten als Nord-Süd-Typen entworfen. Um die äquatoriale flache Sonne von Ort und West so von den grossen Innenräumen abzuhalten, dass diese nicht überhitzen, wurden die Mauern abgedreht, so dass die Fenster tendenziell nach Nord und Süd (= keine flache Sonne) schauen. Es entstehen damit Klassenzimmer, die eine eher konstante Innentemperatur haben, welche sich auf das Tagesmittel einpendelt. Zudem können diese Räume optimal quergelüftet werden, was bei grösseren Kinderzahlen in diesem Bereich von Vorteil ist.

Im Gegenzug dazu kann die Sonne in die pentagonalen Lernnischen direkt eindringen und dort jeweils den etwas kleineren Raum dahinter gut aufheizen. Diese Räume werden zu "Wärmekammern", die im Tagesablauf des Schulbetriebs die Möglichkeit zum ruhigen Arbeiten, Lesen und Aufwärmen anbieten.

Dieser Temperaturkontrast zwischen konstanterem Klassenzimmer und schwankender Lernnische vermittelt den Kindern ihre Einbindung in natürliche, zyklische Abläufe; es entsteht Bewusstsein für die energetischen Prozesse, in die der Mensch eingebunden ist. Der Kontrast impliziert seitens Nutzer*innen eine Adaption, welche spielerisch und pädagogisch wertvoll in den Schulalltag eingebaut werden kann. Aufgrund dieser typologischen Disposition und einfachen Konstruktion (-> besagte Raumanordnung mit sonnenzu- und abgewandten Bereichen -> einfaches speicherfähiges Mauerwerk -> auskragendes hinterlüftetes Filigrandach) braucht das Haus keinerlei Technik zum Heizen oder Kühlen.

Lernen zwischen Tür und Angel; Suffizienz durch Aussenraumnutzung

Das strukturelle Prinzip überlappender, in der Art einer Perlenkette aufgefädelter Räume erlaubt eine vielfältige Durchwegung: die Montessori-Pädagogik legt grossen Wert auf die Präsenz von breiten Schwellen- und Übergangsräumen, die zu Begegnung und zum Lernen zwischen den thematisch definierteren Zonen inspirieren soll. In den geometrisch im Mauerwerk entstehenden Leerstellen befinden sich Rückzugsnischen (die besagten "Wärmekammern" mit direkter Sonneneinstrahlung) als “das andere Ende” der sozialen Kontrolle: hier befinden sich Küchen, intime Lesenischen, frei bespielbare und von den Kindern eigenständig besetzbare Räume.

Das Schulhaus kann auch im Treppenraum (= Aussenklima) als Ort der Vorführung benutzt werden; der Raum ist hierfür proaktiv dafür konzipiert. Genauso können um das ganze Gebäude herum - je nach Lesart - 10 Aussenklassen betrieben werden: Die 45-Grad-Abdrehungen der Wände ergibt Nischen, die dank des auskragenden Daches optimal für Klassenversammlungen, Präsentationen und lernende Zusammenkünfte benutzt werden können. Der in der Region traditionelle Unterricht unter Bäumen findet hier einen kleinen Upgrade um Regenschutz und bespielbarer Raumnische.

Erdgeschoss

Durchwegung in einem offenen System / Klassenräume: Abdrehung zur flachen West- und Ostsonne; Lernnischen: direkt besonnte Wärmekammern

Campus der Montessorischule - Bestandsbauten im Süden, Erweiterung um Schulbereich und Wohnbereich

Axonometrie der Konstruktion